Am 31. Juli wurde im URMU (Urgeschichtliches Museum Blaubeuren) der Fund des Jahres 2025 präsentiert: ein 39.000 Jahre alter Meißel aus Mammutelfenbein, der im Hohle Fels in Schelklingen entdeckt wurde. Dieser außergewöhnliche Fund stammt aus der Zeit des Aurignaciens, einer Epoche, die von den Archäolog*innen als „Zeit des Elfenbeins“ bezeichnet wird. Das Fundstück, das von Professor Nicholas Conard und Dr. Sibylle Wolf vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen (SHEP) vorgestellt wurde, ist ein wahres Meisterwerk der Vorzeit und ein bedeutendes wissenschaftliches Objekt.
Was macht diesen Meißel so besonders? Neben seiner Größe und Massivität zeichnet sich der Meißel durch eine außergewöhnlich präzise Bearbeitung aus, bei der die Wachstumsringe des Elfenbeins sichtbar sind. Mit einer Länge von 24,7 cm, einem Maximalumfang von 10,4 cm und einem Gewicht von 168 g ist er der größte, rundum bearbeitete Elfenbeingerät aus dem Hohle Fels. Der Meißel wurde aus einem großen Mammutstoßzahn herausgespaltet – ein Prozess, bei dem nur die Außenschicht des Stoßzahns verwendet wurde, da diese besser bearbeitbar war. In diesem Fall zeigt sich, dass viel Überlegung und Planung hinter der Herstellung steckten.
Der Meißel weist Gebrauchsspuren auf, die auf die Nutzung als Werkzeug hindeuten, da an einigen Stellen Splitter fehlen. Die präzise und feine Bearbeitung des Werkstücks lässt außerdem darauf schließen, dass der Meißel vorher möglicherweise eine andere Funktion hatte – vielleicht als Lanzenspitze – und nach dem Verlust seiner Jagdtauglichkeit zu einem Meißel umgearbeitet wurde. Diese Annahme stützt sich darauf, dass zu dieser Zeit oft Materialien weiterverarbeitet wurden und Elfenbein trotz seiner Häufigkeit eine wertvolle Ressource darstellte.
Dieser Fund zeigt nicht nur die Kreativität und Weitsicht der Menschen jener Zeit, sondern auch die Bedeutung des Elfenbeins als Material. Mammutelfenbein ist elastisch genug, um präzise Werkzeuge für die Bearbeitung von Elfenbein zu schaffen, ohne dass dieses splittert, welches ein klarer Vorteil gegenüber Steinwerkzeugen war. Jedoch nutzten sich Elfenbeinwerkzeuge auch schnell ab.
Der Fund wurde Ende Juli 2024 von einer walisischen Studentin gemacht und, trotz seiner ursprünglichen Porosität, erfolgreich stabilisiert. Er ist ein bedeutendes Zeugnis der technologischen Entwicklung der frühen modernen Menschen und ein faszinierendes Beispiel für die kulturelle Entwicklung in der Schwäbischen Alb.
Den Fund des Jahres kann man noch bis zum 9. November im URMU bestaunen.